Letztes Update: 30.3.08

Auch Beethoven
war mal ein Kind...
 

Wie hat Beethoven Klavier gespielt?

Beethoven war in jungen Jahren zunächst als Klaviervirtuose bekannt und berühmt. Schon mit 8 Jahren (nicht mit 6, wie sein Vater verbreiten ließ) trat er als Solist in einem Konzert in Köln auf.

Sein Bonner Klavierlehrer Christian Gottlob Neefe schreibt am 24.12.1782 in "Carl Fr. Cramers Magazin der Musik": "Louis van Beethoven, Sohn des oben angeführten Tenoristen, ein Knabe von elf Jahren, und von vielversprechendem Talent. Er spielt sehr fertig und mit Kraft das Clavier, liest sehr gut vom Blatt, und um alles in einem zu sagen: Er spielt größtenteils das wohltemperierte Clavier von Sebastian Bach, welches ihm Herr Neefe unter die Hände gegeben."

Carl Czerny, der einer seiner bekanntesten Schüler und später der berühmteste Klavierpädagoge des 19. Jahrhunderts war, schreibt: "Beethoven war in seiner Blütezeit einer der größten Pianisten und im Vortrag des gebundenen Spiels, im Adagio, in der Fuge und in seinen Improvisationen unübertrefflich."

1791, im Todesjahr Mozarts, schildert der Schriftsteller und Musikliebhaber Carl Ludwig Junker Beethovens Spiel: "Man kann die Virtuosengröße dieses lieben, leise gestimmten Mannes, wie ich glaube, sicher berechnen nach dem beinahe unerschöpflichen Reichtum seiner Ideen, nach der ganz eigenen Manier des Ausdrucks seines Spiels, und nach der Fertigkeit, mit welcher er spielt. Ich wüßte also nicht, was ihm zur Größe des Künstlers noch fehlen sollte. Ich habe Voglern auf dem Pianoforte...oft gehört, und stundenlang gehört, und immer seine außerordentliche Fertigkeit bewundert, aber Beethoven ist außer der Fertigkeit sprechender, bedeutender, ausdrucksvoller, kurz, mehr für das Herz; also ein so guter Adagio- als Allegrospieler. Sein Spiel unterscheidet sich auch so sehr von der gewöhnlichen Art das Klavier zu behandeln, daß es scheint, als habe er sich einen ganz eigenen Weg bahnen wollen, um zu dem Ziel der Vollendung zu kommen, an welchem er jetzt steht."

Beethoven, der Meister des Legato-Spiels. Das deckt sich mit dem, was Carl Czerny berichtet: "Auch hat mir in späteren Jahren Beethoven erzählt, daß er Mozart mehrmals spielen gehört, und daß dieser, da zu seiner Zeit die Erfindung des Fortepiano noch in ihrer Kindheit war, sich auf den damals mehr gebräuchlichen Flügeln (Cembali) ein Spiel angewohnt hatte, welches keineswegs für die Fortepiano paßte" Er habe "ein feines, aber zerhacktes Spiel gehabt, kein ligato"

Es gab sogar anfangs in Wien zwei Lager: Die Anhänger des Mozartsches Spiels (viele hatten ihn ja noch in Erinnerung, und durch seine Schüler lebte sein Spiel quasi weiter), dessen "Klarheit und Wohlgesetztheit" gerühmt wurde, und die Bewunderer der Kraft, der Virtuosität und des starken Ausdrucks mit seinen markanten Wechseln in der Dynamik bei Beethoven. Abbé Josef Gelinek äußert nach einem pianistischen Wettstreit mit Beethoven: "An den gestrigen Tag werde ich denken! In dem jungen Menschen steckt der Satan. Nie habe ich so spielen gehört! Er fantasiert auf ein von mir gegebenes Thema, wie ich selbst Mozart nie fantasieren gehört habe."

Ferdinand Ries, Schüler und Freund Beethovens, später selbst ein bekannter Klaviervirtuose, schildert, wie Beethoven seine eigenen Werke spielte: "Im allgemeinen spielte er selbst seine eigenen Compositionen sehr launig, blieb jedoch meistens fest im Takte, und trieb nur zuweilen, jedoch selten, das Tempo etwas. Mitunter hielt er in seinem Crescendo mit Rittardando das Tempo zurück, welches einen sehr schönen und auffallenden Effekt machte. Beim Spielen gab er bald in der rechten, bald in der linken Hand irgendeiner Stelle einen schönen, schlechterdings unnachahmlichen Ausdruck. Allein äußerst selten setzte er Noten oder eine Verzierung bei." (Was bei Mozart ja noch üblich gewesen war.)

Beethovens Handhaltung und Unterricht

Carl Czerny: "in den ersten Lekzionen beschäftigte mich Beethoven ausschließlich nur mit den Scalen in allen Tonarten, zeigte mir die damals den meisten Spielern noch unbekannte richtige Haltung der Hände, der Finger und vorzüglich den Gebrauch des Daumens - Regeln, deren Nutzen ich erst in weit späterer Zeit in vollem Umfang einsehen lernte."

Therese Gräfin Brunsvik: "Er wurde nicht müde, meine Finger, die ich enger zu strecken und flach zu halten gelehrt ward, niederzuhalten und zu biegen."

Und nochmal Carl Czerny: "Er hielt beim Unterrichten sehr auf schöne Fingerhaltung nach der Eman. Bachischen Schule, nach der er mich unterrichtete. Er spannte selber kaum eine Decime. Der Gebrauch der Pedale war bei ihm sehr häufig weit mehr, als man in seinen Werken angezeigt findet. Einzig (=einmalig) sein Vortrag der Händelschen und Gluck'schen Partituren und der Seb. Bach-schen Fugen..."
(Beethoven hatte sich übrigens beim Wiener Adel mit Werken der beiden großen Bache eingeführt.)

Die einsetzende Taubheit schließlich war es, welche die Virtuosenlaufbahn Beethovens beendete und ihn sich fast ausschließlich dem Komponieren und - Unterrichten widmen ließ.